... genau nichts. 

Ein Kommentar von Manu


Jetzt an die längst mumifizierte Utopie zu glauben, dass diese Einordnung irgendeine Konsequenz hätte, die es qua lege einer wehrhaften Demokratie haben müsste, wäre mehr als naiv - und zeigt einmal mehr die Krise und das Dilemma unserer Gegenwart. 

Extreme sind im Gegensatz zu Radikalen nicht mehr durch die Verfassung gedeckt, ein Verbotsverfahren müsste also eigentlich nicht mal politisch angestoßen sein und nur weil ein Viertel der Wahlberechtigten in demokratischen Wahlen eine extremistische Partei wählt, legitimiert das die Extremisten nicht als Demokraten. 

Auf der anderen Seite treibt ein Verbot das Opfernarrativ, das Scheindemokratennarrativ der AfD weiter und lässt die Wählerströme verirrter, verwirrter und verzweifelter Seelen immerzu in das finstre Grab des Faschismus rennen. Keine Partei des demokratischen Spektrums traut sich selbstbewusst an die vermeintliche selbstinterpretierte Büchse der Pandora aus Angst vor weiteren Stimmverlusten. "Mit Bedacht prüfen", sagt der baldige Ex-Bundeskanzler Scholz, irgendwas mit "inhaltlich stellen und entlarven" kommt wieder mal aus der Südwest-CDU (Strobel). Damit testen die Demokraten allenfalls ihr eigenes Ende an und entlarven ihre eigene Ohnmacht, ihre Ignoranz, für die Freiheit auch mal etwas in Waagschale zu werfen. 

Richtig, 25+X% sind ein überaus komplexer Fall für das Grundgesetz, ist doch der Artikel 21, Abs.2 prädestiniert für Neugründungen und kleine Gruppierungen, denen man an der Wurzel das Wasser abgraben will. Für den gegenwärtigen Fall gilt ganz selbstverständlich der Fokus auf die ergebnisoffene Formulierung "können verboten werden" - nicht müssen. Ein Viertel der Wähler ist nicht mehr auf freiheitlich-demokratischem sondern auf libertär-egoistischem und in Teilen faschistischen Empfang. Auf einen Patienten, der die hundertprozentige Diagnose und die fachmännisch verschriebene Medikation als falsch diffamiert, wartet keine Heilung. Ein Verbot, jetzt, am besten hier und heute, entfesselt das längst vorbereitete Gewitter - nicht mehr in der moderierten friedlichen Kontroverse, sondern schlechtestenfalls auf der Straße. Was also tun? 

Wenn eines helfen kann, dann wohl solide und progressive Politik, die sich nicht von den nichtssagenden, belanglosen Schreckgespenstern des rechtsextremen Populismus treiben lässt, sondern mit eigens entworfenen Lösungen vorangeht und damit aufhört, die Fahne in den Umfragewind zu strecken. Liebe SPD, wie wäre es mit linken Idealen - oder habt ihr den Traum vom geregelten Sozialismus wirklich für ein paar Ministerposten aufgegeben? Wo und wann sind die Ideen, die Spannung, der Sexappeal linker Politik und die großen Träume begraben worden? 

Und auch eine konservative Idee läge doch auf der Hand - wenn die Union mit gleichem Enthusiasmus und Paternalismus wie gegen Gendern, Veganismus und Gleichberechtigung von Frauen die Positionen der neuen Rechten herabwürdigen, als lapidar und schwach, als lächerlich darstellen würden (was sie im Vergleich zu vorgenannten Ideen auch sind) und die selbstdesignierten Opfer keifen, schnattern und brüllen lassen, ohne ihnen Gehör zu schenken - dieses nervige braune Grundrauschen würde sich nach kurzer Zeit ermüden, den/die Bürger*in langweilen und nerven, weil sich die Politik wieder um die Lösungen kümmern würde, statt hohle Phrasen zu dreschen. Liebe CDU/CSU, was würde ein Konrad Adenauer, ein Ludwig Erhard oder ein Helmut Kohl tun? Genau, mit väterlich-autoritärer Art das kleine, pubertierende Kind in seine Schranken weisen und ihm nicht auch noch jeden Wunsch erfüllen, bloß, weil es gerade am lautesten brüllt. Fragwürdiges Erziehungsideal, aber ein gangbarer Weg ohne Gewalt.

Das alte Diktum, Berlin sei nicht Weimar, scheint fast auf den Tag genau 100 Jahre danach bedeutungslos zu sein, wenn sich nicht endlich was bewegt.